Ernährungsbedingte Risiken bei Hunden II: Barfen

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht! Manchmal entstehen aus gutem Willen sogar regelrechte Risiken und am Ende möglicherweise Krankheiten und Schäden. Das gilt auch für das sogenannte Barfen. Seit einigen Jahren gibt es diesen Trend, Hunde (und Katzen) mit rohem Futter zu ernähren. Man kann die Futterration dabei komplett selbst zusammenstellen oder inzwischen auch auf diverse vorgefertigte Angebote im Handel zurückgreifen.

Die Abkürzung BARF stand zunächst für „Born-Again Raw Feeders“, später wurde daraus „Bones And Raw Foods“ (Knochen und rohes Futter). Inzwischen bedeutet die Abkürzung auch „biologically appropriate raw food“, also „biologisch artgerechtes rohes Futter“, was den Anspruch dieser Fütterungsmethode verdeutlicht. BARF-Rationen sollen die Ernährung des Wolfes nachahmen und die Bestandteile ihrer Beutetiere enthalten.

Üblicherweise setzen sich Futterrationen beim Barfen deshalb aus viel rohem Fleisch und fleischigen Knochen zusammen. Der Fleischanteil besteht dabei nicht nur aus Muskelfleisch, sondern auch aus allerlei Innereien von Schlachttieren. Dazu kommen 20 bis 30 Prozent pflanzliche Bestandteile (Gemüse, Obst, Nüsse), die teilweise gekocht werden müssen, um sie für Hunde genießbar zu machen. Gelegentlich werden auch Eier, Fisch und Milchprodukte verwendet. Außerdem kommen (vitaminisierte) Mineralstoffmischungen, Kräutermischungen und Öle zum Einsatz, um die Mineralstoff- und Vitaminversorgung der Tiere sicherzustellen und ihren Bedarf an essenziellen Fettsäuren zu decken.

Die Gründe für das Barfen reichen von der Skepsis der Tierhalter gegenüber den Fertigfutterherstellern über Futtermittelunverträglichkeiten der Hunde bis zu unterschiedlichen anderen Erkrankungen, die durch die Roh-Fütterung positiv beeinflusst werden sollen.

Barfen birgt Risiken

Sicherlich haben alle Fütterungsverfahren Vor- und Nachteile. Beim Barfen werden sie allerdings zurzeit besonders kontrovers diskutiert. Es sind insbesondere zwei Bereiche, bei denen es zu Schwierigkeiten kommen kann: Zum einen die ausgewogene und altersgemäße Versorgung mit den erforderlichen Nährstoffen und zum anderen die Hygienerisiken, die sich aus dem rohen Zustand der Futterkomponenten ergeben.

Fehlernährung durch Nährstoffdefizite und -überschüsse

Eine Futterration zusammenstellen, die den gesamten Bedarf eines Hundes abdeckt, ist nicht ganz einfach, vor allem wenn die Ausgangsmaterialien und deren Zusammensetzung variieren. So wie eine ausgewogene Ernährung beim Menschen Wissen und Küchenfertigkeiten voraussetzt, verlangt auch das Barfen den Hundehaltern einiges ab, besonders wenn das gesamte BARF-Futter selbst hergestellt werden soll.

Verschiedene Untersuchungen haben verdeutlicht, dass es beim Barfen selten zur Unterversorgung mit Eiweiß, Phosphor, Magnesium, Natrium und Kalium kommt. In vielen Rationen fehlen jedoch Calcium, Mangan, Jod, Kupfer, Zink und Vitamin D. Bei Vitamin A kann es – unter anderem beeinflusst durch den Leber-Anteil in der Ration – sowohl zur Unter- wie auch zur Überversorgung kommen.

Calcium-Mangel oder ein unausgewogenes Calcium-Phosphor-Verhältnis im Futter können sich durch einen ernährungsbedingten Hyperparathyreoidismus sehr ungünstig auf das Knochenwachstum und die Knochenstabilität auswirken. Dabei wird zu wenig Calcium in die Knochensubstanz eingebaut bzw. zu viel Calcium daraus mobilisiert, um den Blutcalciumspiegel aufrechtzuerhalten. Die Mineralisierung und damit die Knochenstabilität sind dann unzureichend. Auch ein Mangel an Vitamin D und eine Überversorgung mit Vitamin A führen ähnlich wie ein veränderter Calcium-Phosphat-Stoffwechsel zu verminderter Knochenstabilität. Besonders bei ungeborenen oder wachsenden Tieren können solche Fütterungsfehler zu erheblichen Problemen bis zu Knochendeformationen und Missbildungen führen.

Ein weiteres Problem entsteht aus dem häufig deutlich höheren Proteingehalt der BARF-Rationen verglichen mit kommerziellem Fertigfutter. So kann die Verstoffwechselung des hohen Eiweißanteils durchaus zur Belastung der Leber und der Nieren bei den Tieren führen. Gerade bei älteren Hunden, bei denen diese Organe manchmal nicht mehr voll funktionsfähig sind, kann es beim Barfen zu einer mangelhaften Ausscheidung der Eiweißabbauprodukte kommen. Das wiederum belastet den gesamten Organismus und führt im ungünstigsten Fall bis zu neurologischen Symptomen wie Apathie, Ataxie und Koma.

Beim Barfen gern verwendete Schlachtabfälle wie Lunge oder Euter bestehen außerdem zu einem großen Teil aus Bindegewebe, weshalb sie relativ schwer verdaulich sind. Das führt dazu, dass relativ viel unverdautes Eiweiß in den Dickdarm gelangt und dort Blähungen und Durchfall auslöst.

Um Fehler und mögliche Folgeschäden beim Barfen zu vermeiden, empfiehlt es sich ausdrücklich, eine genaue Berechnung der Ration im Hinblick auf alle relevanten Nährstoffe vorzunehmen bzw. durch Experten für Tierernährung durchführen zu lassen. Ergänzend dazu können auch sogenannte Barf-Profile bei Blutuntersuchungen genutzt werden, um gravierende Defizite bei der Ernährung oder Grunderkrankungen auszuschließen, die gegen das Barfen sprechen. Allerdings muss man sich dabei im Klaren sein, dass solche Laborwerte erst bei länger anhaltenden und deshalb bereits gravierenden Mangelzuständen Aussagen zulassen.

Infektionsrisiken für Tier und Mensch

Eine ganze Reihe von Publikationen verdeutlicht inzwischen, dass Barfen auch zu Hygiene- und Infektionsrisiken führen kann. Zum einen werden immer wieder Keime im BARF-Futter nachgewiesen, die bei Hunden und Menschen zu (Darm-) Erkrankungen führen können. Zu nennen sind hier Salmonellen, Yersinien, Listerien, Campylobacter, pathogene Escherichia coli und verschiedene andere sogenannte Fäkalkeime. Es ist deshalb sehr wichtig, die Kühlkette bei BARF-Futter konsequent einzuhalten, um die Vermehrung solcher Keime zu vermeiden. Außerdem sollten alle Regeln einer guten Küchenhygiene gelten, um beispielsweise die Kontamination von Nahrungsmitteln der Menschen mit belastenden Keimen aus dem Hundefutter zu verhindern.

Wegen des rohen Zustands der BARF-Komponenten kann außerdem die Übertragung von einzelligen Parasiten wie Toxoplasma gondii, Neospora caninum, Sarkosporidien oder bestimmten infektiösen Wurmstadien vom Schlachttier auf Hund oder Mensch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Gerade bei vorerkrankten oder immunsupprimierten Menschen bzw. Tieren kann es in Folge einer Besiedelung mit solchen Parasiten zu unterschiedlichsten Symptomen und Krankheitsbildern kommen.

Grundsätzlich ist auch eine Übertragung von Viren durch rohes Futter möglich. Als besonders riskant galt lange Zeit die Verfütterung von rohem Schweinefleisch wegen der Übertragung des Virus der Aujeszkyschen Krankheit, die für Hunde tödlich endet. Die hiesige Hausschweinepopulation ist zwar inzwischen frei von dieser Seuche, aber ein Wiederauftreten der Seuche bzw. ein Import des Virus mit Fleisch aus anderen Regionen und Infektionen, die von Wildschweinen ausgehen, lassen sich nicht vollständig ausschließen.

Schließlich soll noch darauf hingewiesen werden, dass in rohem Hundefutter immer wieder Bakterienstämme nachgewiesen werden, die gegen bestimmte Antibiotika resistent sind. Dies betrifft ganz unterschiedliche Keime und Antibiotika und gilt als Folge des Antibiotika-Einsatzes in den Nutztierhaltungen. Das Ziel sollte allerdings sein, möglichst wenige solcher resistenten Keime in andere Populationen, also Menschen und Heimtiere, zu transferieren. Damit soll insbesondere eine weitere Verbreitung in Richtung vulnerabler Gruppen (Senioren, Krankenhauspatienten) verhindert werden.

Barfen bei Hunden
abr68 - stock.adobe.com

Zusammenfassende Einschätzung

Vor dem Hintergrund der geschilderten Herausforderungen und Schwierigkeiten beim Barfen kam nicht zuletzt die Bundestierärztekammer bereits 2016 in einer Pressemitteilung zu dem Schluss, dass es zwar möglich ist, einen Hund mit selbst zusammengestelltem Barf-Futter ausgewogen zu ernähren. Es erfordert aber auch nach Ansicht der Kammer eine intensive Beschäftigung mit dem Thema oder eine kompetente Beratung durch Experten. Gerne helfen wir Ihnen deshalb mit Adressen von Spezialisten auf dem Gebiet der Tierernährung weiter.

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